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Sneakernews

Eine Packung Pralinen und einen Blumenstrauß, bitte!

9. Mai 2021 14:19
Eine Packung Pralinen und einen Blumenstrauß, bitte!

Diesen Sonntag, am 9. Mai 2021, ist es mal wieder so weit: wir feiern und ehren unsere Mütter mit Pralinen und Blumensträußen. Vielleicht gibt es auch ein paar tolle Sneaker? Klar, wir beschränken unsere Dankbarkeit für die wunderbaren Menschen in unserem Leben nicht auf einen Tag und ja, wir sehen das Konzept eines Muttertags (wie Vatertags übrigens) deshalb reflektiert. Natürlich weichen die klassischen Rollenbilder in der Familie zunehmend auf, Frauen müssen ja auch keine Highheels mehr Büro tragen. Sneaker sind mittlerweile völlig ok.

Ist das schon alles? Nehmen wir den Muttertag 2021 zum Anlass um durchs Schlüsseloch zu gucken. Es geht um Männer und um Frauen, um Väter und Mütter, um tun dürfen und sein lassen. Kurz gesagt, es geht um uns. Ums jetzt und ums morgen und irgendwie auch um Sneaker.

Wenn ihr jetzt denkt: "ach wie öde, nicht schon wieder feministisches Geschwafel und dann auch noch hier... Ich will doch nur Schuhe!" Ja, schon klar, wir auch. Deswegen haben wir auch ein einige tolle Artikel dazu, klickt dafür hier. Wir glauben ja, wir hätten all diese Rollenbilder schon längst überwunden. Frauen können Kanzlerin werden, Firmenchefin, Sneakerhead, Mutter - am besten alles gleichzeitig. Besonders auf Instagram scheint es gerade Trend zu sein, die Online-Karriere mit Kind zu kombinieren, während Papa stets für seinen Einsatz gelobt wird.

@girlonkicks
@vickyheiler

Ich akzentuiere und stichle hier, ihr versteht das sicher! Sowieso sollen alle dem Lebensentwurf folgen, den sie für sich wählen und sollen so leben, wie es ihnen gefällt. Das ist Fakt. Gesellschaftlich können wir jedoch schon mal fragen, schauen, verwerfen. Damit fangen wir jetzt an:

Frau / Mann - wie war das?

Übersetzt man das deutsche Wort 'Geschlecht' ins Englische erhält man zwei Ergebnisse. Während 'sex' das biologische Geschlecht bedeutet, beschreibt 'gender' die kulturelle Konstruktion eines sozialen Geschlechts, das historisch-gesellschaftlich tradiert wurde und wird.

"Geschlechterrollen umfassen die allgemeinen, gesellschaftlich akzeptierten Erwartungshaltungen an das Verhalten von Männern und Frauen in bestimmten Lebenssituationen wie Familie und Beruf, im sozialen Miteinander und im politischen Handeln. Die Rollenbilder finden ihren Ausdruck in der alltäglichen Praxis in Familie, Beruf und Gesellschaft. [...] Geschlechterrollen geben damit den Rahmen vor, in dem sich Menschen unterschiedlichen Geschlechts bewegen können, ohne an gesellschaftliche Akzeptanzgrenzen zu stoßen oder mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten."

Sabine Böttcher, bpb.de

Es geht nicht länger um reine gesetzliche Gleichberechtigung (in Deutschland), sondern um das Narrativ eines typischen Jungen und eines typischen Mädchens, wie ein Mann zu sein hat und was eine Frau ausmacht. Das beginnt natürlich schon in der Kindheit.

"Das sind ja nur Kinderfilme" is eine naive Annahme, denn als Kinder lernen wir, wie wir die Welt sehen. Unser Sozialisation und das Erlebte bestimmen unser ganzes Leben. Auch wenn wir es zunächst vielleicht nicht wissen oder glauben, die Bilder manifestieren sich im Unterbewusstsein.

Neben den Kindheitsgeschichten ist auch die marktwirtschaftliche Trennung von Mann und Frau attraktiv. Obwohl dieses Video schon ein paar Jahre alt ist, bringt es die Situation doch gut auf den Punkt:

Wir haben schon über 'shrink it and pink it', also dem Konzept der Sneakerbranche auch Frauen zu integrieren, diskutiert. Doch Frauen wollen nicht einfach einen rosa Sneaker, sondern einen Stuhl am Tisch und damit Mitspracherecht, inklusives Sizing und die gleichen Colorways.

Rollenbilder in den sozialen Medien

Tatsächlich wurde noch nie so viel wie jetzt über diese Thematik in allen Bereichen des Lebens gesprochen. Doch bei Instagram, YouTube und Co. findet man veraltete Rollenbilder, deren ständige Rezeption sich auf die Auswirkungen, die Lebensweise und Einstellung der Nutzer auswirkt. Das zeigt eine Studie von 'Plan International' aus 2019. Dafür wurden Deutsche zwischen 14 und 32 Jahren zu ihrem Social Media-Nutzungsverhalten sowie zu ihrer Einstellung gegenüber Gleichberechtigung und Geschlechterrollen befragt.

Je intensiver die Befragten Instagram und Co. nutzen, desto weniger emanzipiert ist ihr Rollenverständnis. So ist es für mehr als die Hälfte der Männer, die sich täglichen in den sozialen Medien bewegen, ok, wenn Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen. Auch klassische Schönheitsideale sind für die viel Nutzenden wichtig, wenn es um das jeweils andere Geschlecht geht.

Folglich besteht definitiv ein Zusammenhang zwischen Nutzung sozialer Medien und der Vorstellung von Rollenbildern. Im Frühjahr 2019 fand die Studie der MaLisaStiftung heraus, dass die sozialen Medien wie YouTube und Instagram überwiegend die Rollenbilder der 1950er Jahre zeigen und dementsprechende die Geschlechter stereotypische darstellen. Wobei Influencer und solche Accounts mit einer gewissen Reichweite meinungsbildende Persönlichkeiten und Vorbilder für eine große Community sind. Rückschritt statt Fortschritt?

Die (traditionellen) Geschlechterrollen in der Familie

Nun ist es mittlerweile ja so, dass man schon gar nicht mehr weiß, wo's anfängt und wo's aufhört. Wann ist Mann ein Mann und Frau eine Frau? Welche geschlechtsspezifischen Charakterzüge soll und kann man beibehalten, welche muss man überwinden? Mittlerweile gibt es nicht mehr nur Frauenrechtler sondern auch Männerrechtler, denn viele fühlen sich mittlerweile von starken Frauen eingeschüchtert. Soziologe Walter Hollstein, Gutachter des Europarates für Männerfragen, erklärt, dass sich seit Jahrhunderten die männliche Identität primär über die Arbeitsleistung und die Verantwortung gegenüber der eignen Familie definiert hat. "Bricht dieses Verständnis von Männlichkeit zusammen, brechen auch die Grundfeste von Männlichkeit weg."

Das Dilemma ist doch, dass alle müssen. Frau muss am besten Karriere machen (wollen) und somit nicht nur hinterm Herd stehen aber gleichzeitig Kinder haben (wollen) und keine Rabenmutter sein. Mann muss einfühlsam aber nicht zu schwach sein, feministische Werte vertreten, aber trotzdem den ersten Schritt machen. Alle haben es schwer. Der Twitter Account 'Das bisschen Arbeit' zeigt jedoch, dass wir eindeutig noch nicht am Ende sind. Zum Beispiel so:

Ich hab mich richtig reingehangen und für meinen Mann organisiert, dass sein Vater ihm die Wäsche abnimmt und mein Mann ein bisschen Zeit für sich hat. Ihr wisst schon, beauty treatments und so. Ist schon wichtig trotz Kindern nicht allzu müde auszusehen.

Das bisschen Arbeit auf Twitter (@dasbisschenarb1)

Irgendwie stimmt hier was nicht, oder? Der Account schreibt Aussagen, Perspektiven und Vorstellungen, die für gewöhnlich nur einem Geschlecht zugeordnet werden, auf das andere Geschlecht um. Achtete mal auf den Durchschnittsfilm im (deutschen) Fernsehen ab 20:15 Uhr. Immer mehr Frauen spielen die Hauptrolle einer selbstbewussten Karrierefrau, die währenddessen mehr und minder gut Kinder mit unter ihren Hut packt. Doch wie oft schafft es die Frau wirklich alleine und findet ihr Glück am Ende mit sich selbst statt in einer Beziehung?

Wie immer ist Veränderung anstrengend, es heißt ja nicht umsonst Wachstumsschmerz. Im Grunde kommt es ja immer auf die richtige Dosis an und Partizipation ist womöglich der Schlüssel. Was fehle sei die Bereitschaft das Leben zu verändern, nicht nur für die Frauen, sondern auch für die Männer nach der Ankunft eines Kindes. Außerdem sei Feminismus ohne Mütter Unsinn, genauso wie Feminismus nur für eine sechsköpfige Familie, sagen Feministinnen und Autorinnen.

@chiaraferragni
@ninawro

Ich kann weder für Mütter noch für Väter sprechen, nur aus Perspektive der Kinder. Ich sehe, was meine Mama geleistet hat und das unabhängig davon, was ich mir wohl eventuell für meine Generation und die Zukunft vorstelle und erhoffe. Deshalb wollen wir nochmal sagen und werden auch nicht müde:

Liebe Mütter, ihr seid einfach großartig!

"Es ist ein weites Feld", erinnert ihr euch auch an euren Deutschunterricht? Damals in der Schule, als ihr Effie Briest lesen musstet. "Es ist ein weites Feld" und ein großes Fass, zu dessen Boden wir (noch) nicht durchgedrungen sind. Wie Domino kann man bei diesem Thema von einem Artikel zum nächsten und ebenso von einer Meinung zur nächsten kommen. Wie ist euer Standpunkt? Diskutiert mit, schreibt uns. Stimmt zu, erklärt, widersprecht uns unter [email protected].

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