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Sneakernews

Von der Kaufkraft der LGBTQIA+ Community und dem 'Pink Dollar' 💰

25. Juni 2021 19:31
Von der Kaufkraft der LGBTQIA+ Community und dem 'Pink Dollar' 💰

Gerade hüllen sich fast alle Instgramprofile oder Schaufenster in Regenbogenfarben. Der Grund ist klar, im Juni ist Pride Month und Unternehmen sowie Einzelhändler feiern mit uns die Vielfalt unserer Gesellschaft. Doch ist es mehr Schein als Sein und was bedeutet der 'Pink Dollar' und dessen Kaufkraft für die Wirtschaft?

Längst wissen wir, was 'Pride' ist. Das englische Wort wird mit Stolz ins Deutsche übersetzt und steht für die LGBTQIA+ Bewegung. Die ansteigende Unterstützung und Anerkennung der Community vereint aber nicht nur Supporter hinter sich, sondern zieht natürlich auch die Aufmerksamkeit der Industrie (vor allem in der westlichen Welt) auf sich, denn die LGBTQIA+ Community ist aus wirtschaftlicher Sicht ein attraktiver Markt.

Stonewall Inn, wie der Kampf um die Gleichberechtigung begann
picture alliance / dpa / EPA/ANDREW GOMBERT

Good to know: In der New Yorker Schwulenkneipe 'Stonewall Inn' begann vor 50 Jahren mit einer Razzia der Kampf um die Gleichberechtigung. Seither stehen weltweit vor allem der Juni und Juli für die Bewegung. Die Regenbogenfarben erhielt die Community durch Gilbert Baker. 1987 entwarf der Aktivist der Lesben- und Schwulenbewegung die Regenbogenfahne, inspiriert von Judy Garlands 'Over the Rainbow'-Song.

Die Kaufkraft der LGBTQIA+ Community

LGBTQIA+ ergibt sich übrigens aus den englischen Abkürzungen Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Intersex, Queer und asexuelle oder agender Personen. Das + oder * wird angehängt, um jeden einzuschließen. Wir verwenden LGBTQIA+.

Demnach entwerfen viele Unternehmen gezielte Kampagnen für die Bewegung. Schon 1998 wurde das Potenzial des pinken Dollars, damals vor allem in der Unterhaltungsbranche oder der Konsumgüterindustrie, auf einen Wert von 560 Milliarden Dollar geschätzt. In 2015 stieg die Kaufkraft auf circa 917 Milliarden Dollar. Diese Entwicklung erfreute die LGBTQIA+ Community, als eine Art der finanziellen Selbstidentifikation als Teil der Gesellschaft. So unterstützen auch 90% die Unternehmen loyal, die sich für die Rechte der Bewegung einsetzen.

Seit Jahren liefert sich die Industrie ein hartes Rennen um das bunte Klientel. Ihm attestieren viele Studien überdurchschnittliche Reise- und Konsumlust, was sich wiederum in Angeboten aller Branchen widerspiegelt. Auch unsere lieben Sneaker-, Sports- und Lifestylebrands machen mit. Erstmals 2015 hat dabei zum Beispiel adidas sein Pride Pack' eingeführt, ab 2016 waren weltweite Kollektionen verfügbar.

Lest hier mehr über das diesjährige Angebot von Reebok, Vans, Converse und adidas oder auch Nike's Take on Pride 2021.

Der Pinke Dollar: Facts und Figures

Apropos lukrativ: Experten des britischen Marktforschungsunternehmens LGBT-Capital schätzen den 'Pink Dollar' weltweit auf 3,7 Billionen US-Dollar pro Jahr, was doppelt so viel wie die gesamte Kaufkraft Kanadas ist. In Europa wird sie jährlich auf 950 Milliarden US-Dollar und für Deutschland wird eine Kaufkraft von über 151 Milliarden Euro geschätzt.

Im Urban Dicitionary wird der 'Pink Dolalr' wie folgend definiert: In den 1990er Jahren geprägter Begriff, um den Wohlstand vieler schwuler Paare zu beschreiben. Beschreibt die Kaufkraft der schwulen Community. Wird oft mit politischen Spenden in Verbindung gebracht, erstreckt sich aber auch auf Unterhaltung, Konsumgüter und Immobilien, wobei einige Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen direkt auf diese Zielgruppe zuschneiden. Lady Gaga verdankt einen großen Teil ihrer Popularität der Macht des rosa Dollars.

Pink-Washing, contra LGBTQIA+?

Kritische Stimmen äußern ihre Anliegen, dass Unternehmen auf den bunten Zug aufspringen, ein paar Kollektionen oder Produkte in Regenbogenfarben herausbringen und sich aber nicht weiter und tiefgründiger engagieren und die Sonderstellung der LGBTQIA+ dadurch verfestigen, statt sie zu dekonstruieren.

Pink Washing
sisi-agentur

2018 konnten sich die Veranstalter so zum Beispiel nicht entscheiden, wie politisch und wie kommerziell eine Parade zum CSD sein darf. Deshalb gab es einfach mal drei in Berlin. Marks & Spencer bot extra ein LGBT-Sandwich an, das für Lettuce, Guacamole, Bacon und Tomato stand.

Kreativchef der Digitalagentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr, Johannes Vogl, ärgert sich: „Was mich stört, ist der Fakt, dass es vielen Unternehmen weniger um die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Schwulen oder Lesben weltweit geht, oder dass Trans- oder Intermenschen nach wie vor keine Lobby haben oder sich deren Themen in irgendeiner Weise angenommen wird.“ Pinkwashing dagegen betrachtet er differenziert. Es wäre eben Marktwirtschaft, Produkte für eine starke Zielgruppe zu entwerfen.

Wichtig ist, dass Unternehmen der Community auf Augenhöhe begegnen und die Erlöse der Verkäufe beispielsweiße gespendet werden. Weiterlesen: Die UN gibt Unternehmen sogar einen Verhaltenskodex zum Umgang mit Diskriminierung von LGBTQIA+ Menschen.

"If we are to achieve faster global progress towards equality for lesbian, gay, bi, trans, and intersex people, businesses will not only have to meet their human rights responsibilities, they must become active agents of change.”

Zeid Ra’ad Al Hussein, UN-Hochkommissar für Menschenrechte

Doch birgt es auch ein Risiko für die Unternehmen, sich Regenbogenfarben und die damit verbundenen Werte auf die Fahne zu schreiben. Gay-Marketing, wie es das Handesblatt.de formuliert, kann theoretisch auch finanzielle Einbuße bedingen. Demnach verlor die italienische Marke Diesel 2019 nach ihrem 'Outing' auf den sozialen Kanälen circa 14.000 Follower. Inwiefern es auch wirtschaftliche Konsequenzen hatte, wissen wir nicht.

Queerbaiting

Wir verwenden hier für den ursprünglich aus dem Englischen kommenden Begriff 'Queerbaiting' sowohl 'queer' als auch 'LBTQIA+'. Schaut euch für eine verständliche und differenziert Erklärung gerne das Video von @erklaermirma an.

Der Begriff ist ein Phänomen, das es schon länger in unterschiedlichen Formen gibt und damit nicht wirklich etwas neues ist. Er bezieht sich ursprünglich auf eine Vermarktungsstrategie Anfang der 2010er in Serien, Büchern und Filmen queere Plot-Lines anzudeuten, sie aber nicht auszuerzählen. So bleibt ein queeres Publikum zwar am Ball, das Konservative wird gleichzeitig aber nicht abgeschreckt.

Billie Eilish outing?
Billie Eilish LGBTQIA+ ?
@billieilish

Hohe Wellen schlug zum Beispiel der Gruppenkuss zwischen Madonna, Britney Spears und Christina Aguilera bei den MTV Video Music Awards 2003. Auch heute noch wissen wir nicht, ob es nun nur Provokation oder ein Statement war. Zuletzt ließ Billie Eilish die Öffentlichkeit mit dem Musikvideo zu ihrem Song 'Lost Cause' raunen. Sie schmeißt darin eine Pyjama-Party und singt über einen unerwiderten Crush: Eine Metapher für ein Coming-Out? Außerdem postete sie einen Beitrag auf Instagram mit der Unterschrift „i love girls“.

Ist das nur kluge Vermarktung der Sängerin oder ein echtes Bekenntnis? Ständig wir die Sängerin sexualisiert, dabei ist ist sie erst 19 Jahre alt. Im Grunde würde es nur darum gehen, an ihr öffentlich zu diskutieren, was Frauen dürfen, so taz.de. Schließlich doch aber auch hier wieder am wichtigsten, jedem und jeder das seine und das ihre zu lassen.

Unsere Message: Sei so wie du bist, denn du bist wundervoll.

Pink Dollar oder pinke Produkte?!

Die Farben Pink und Rosa werden jedoch nicht nur mit der LBTQIA+ Bewegung assoziiert, sondern natürlich auch mit Frauen. Rasierer zum Beispiel: Eine Packung enthält sechs klingen, alle von der gleichen Marke, die mit der Hautpflege der Kunden wirbt. Der einzige Unterschied ist die Farbe: die einen sind blau, die anderen pink. Die einen kosten 3,89€, die anderen 4,49€.

Diese offensichtliche Differenzierung ist kein Einzelfall und wird 'Gender-Pricing' oder auch 'Pink Tax' genannt. Verrückt oder gut, dass es heutzutage für alles (meist englische) Schlagworte gibt? Schreibt uns doch gerne eure Meinung dazu und generell zum Thema unter [email protected].

Jetzt aber wieder zurück. Teilweise gibt es als für das pinke Produkt einen deutlichen Preisaufschlag. Außerdem wissen wir wohl alle, dass der Friseur selbst für Frauen mit Kurzhaarschnitt noch immer teurer ist, als der für Männer. Kann das gerecht sein?

faz.net

Maria Wersig, Professorin an der Hochschule in Hannover, sagt der faz.net, dass Branchenvertreter argumentieren würden, dass der Dienstleistungsaufwand für Frauen größer ist oder diese auch eine besondere Beratung für Pflegeprodukte erwarten würden. Doch auch in Österreich gibt es in vielen Dienstleistungsbereichen Unisex-Preise. Geht schon, wenn man will. Lest hier noch mehr zum Gender-spezifischen Marketing.

Lasst mich noch abschließend sagen: Auch wir bei Sneakerjagers freuen uns über tolle Pride-Kollektionen und die generell die Aufmerksamkeit, die damit auf die LBTGQIA+ Community gelenkt wird. Doch mit Beiträgen wie diesem wollen wir neben der Aktion der Sneakerjagers Rainbow Week und dem damit zusammenhängenden Gewinnspiel differenzieren und Hintergründe beleuchten!